Die Sonne brennt, UV Strahlen jeglicher Gattung bahnen sich ihren Weg durch cremigen, öligen oder auch textilen Sonnenschutz, schießen durch die Hautschichten als wären diese aus Molkereiprodukten hergestellt. Es ist wieder Sommer. Die Kinder haben Ferien, die Eltern einen Urlaub von dem sie wahrscheinlich einen weiteren Urlaub benötigen werden, sobald die Sprösslinge wieder ihre Schulkameraden begrüßen oder für den Schulbetrieb vorbereitet werden.
Urlaub wurde in diesem Jahr nicht gemacht, und wenn, dann in heimischen Gefilden. Ohnehin ist in diesem Jahr so vieles anders, so vieles nicht vorhersehbar oder planbar.
Ist Urlaub überhaupt vertretbar in diesem Sommer? Schließlich wurde ja eine Art Zwangsurlaub verordnet. Zwei bis drei ruhige Monate in den eigenen vier Wänden, vielleicht sogar dem eigenen Balkon oder Garten. Ist Arbeit an sich nicht erfunden worden, um sein Eigenheim zu finanzieren, um es schlussendlich durch noch mehr Arbeit in Stand zu halten und durch neue und saisonale Dekorationen und Möbelstücke immer noch schöner zu gestalten. Möbelstücke die dann irgendwann den immer größer werdenden TV Geräten weichen müssen. Ist es nicht herrlich all das auch endlich genießen zu können, ohne Einschränkung? Die Kinder sind auch da. Vierundzwanzig Stunden am Tag. Endlich das langersehnte und besonnene Familienleben. Endlich Freizeit mit den Kindern. Und doch scheint von Entspannung keine Spur. Schließlich hat sich die Freizeitgestaltung gleich grundlegend mit verändert. Keine Kinobesuche, kein Theater, Konzerte. Sportveranstaltungen scheinen nie existiert zu haben und nur die Fantrikots, Banner und Fahnen mit original Unterschriften der einstigen Lieblingsathleten und Künstler an diversen Wänden zeugen davon, das doch nicht alles nur ein lange in Vergessenheit geratener Traum gewesen zu sein scheint.
Wenigstens darf man sich im Freien aufhalten, Sport treiben, in diversen Geschäften und Shopping Malls die Preise mit denen meiner gerade erst online ergatterten Schnäppchen vergleichen. Alles mit Mund, Nasen Abdeckung selbstverständlich. Wollte nicht jeder als Kind zu irgendeinem Zeitpunkt auch einmal im medizinischen Bereich tätig werden. Ein Teil dieses Kindheitstraums hat sich somit auch gleich erfüllt, in der neuen Normalität.
Gesichter werden keine mehr erkannt, ob das ein Vor- oder Nachteil ist, bleibt vorerst dahingestellt. Soziale Kontakte? Wer in dieser Zeit Single und einsam ist, wird in näherer Zukunft kaum etwas an diesem Status ändern können.
Keine oder kaum Kontakte, die Familie in der Ferne und Kinder gibt es bisher noch keine im eigenen Haushalt oder haben sich bereits ihr eigenes Nest gebaut, da bleibt viel Zeit zum Nachdenken, über wirklich wichtige und vielleicht auch nicht ganz so wichtige Themen. War nicht, bevor Infizierten Zahlen, zur Sicherheit dienliche Faktoren und Maßnahmen um eben jene Zahlen in Zaum zu halten, die Medien in Beschlag nahmen, einzig und allein ein Virus der Mutter Erde in Beschlag genommen hatte das Dauerthema? Die Erde vor dem Kollaps. War man noch vor wenigen Monaten zu beschäftigt um sich wirklich mit diesem Thema auseinander zu setzen, verhalf das Aufräumen der Gedächtnisschubladen durch einen Überschuss an Zeit dabei, einen festen Willen die Umwelt retten und verbessern zu wollen zu entwickeln. Ja, es wird eine neue Normalität geben, eine bessere, eine sauberere, in welcher wir uns bewusst gemacht haben, das wir doch eigentlich mit soviel weniger auskommen können und sollten, Müll getrennt oder erst gar nicht in diesen Mengen produziert werden sollte. Selbst beim Duschen und der Zahnreinigung wird das Wasser zwischendurch abgestellt um den hochglanzpolierten Wasserhahn nur noch in den blauen Bereich zu drehen, um nicht durch die Erhitzung des Wassers einen noch größeren Energieverbrauch zu erzeugen, wenn der Schaum im Haar zu einer Reizung der Kopfhaut oder die Zahnpasta im Mund zu Erstarren beginnen würde.
Aus dem Kreislauf der Verschwendung wird ebenfalls ausgetreten. Hoch lebe das Handwerk, der kleine Laden und der traditionelle Handwerker aus der Nachbarschaft müssen wieder unterstützt werden. Es darf repariert werden, damit auch gleich die Sache mit dem Müll angepackt wird.
Dann wäre da noch dieser Egoismus, welcher in der jüngeren Vergangenheit immer mehr versuchte die Weltherrschaft zu übernehmen, es in großen Teilen sogar verwirklichen konnte. Damit soll Schluß sein. Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit und positiveres Denken sollen wieder das Leben bestimmen.
Es ist toll soviel Zeit für Gedankenspiele geschenkt bekommen zu haben.
Mittlerweile wird die Zeit wieder etwas knapper. Die Arbeit ruft, Kinder benötigen Unterstützung in ihrer neu gestalteten Schul- und Lehrumgebung, gleich neben dem elterlichen Schlafzimmer gelegen, um die vom Lehrpersonal in die Whatsapp Gruppe geladenen Aufgabenstellungen bewältigen zu können.
Das Vereinsleben hat in gewissen Bereichen wieder Fahrt aufgenommen, Bars und Restaurants wieder geöffnet. Endlich. Das muss erst einmal richtig gefeiert werden, dazu ein paar lange Wochenendausfahrten, um das Wetter und die Natur richtig geniessen zu können. Oder die Einkaufscenter. Natürlich die Einkaufscenter. Es darf eingekauft werden. Das die meisten großen Kaufhausketten die Preise ordentlich angezogen haben um ihre Gewinne nicht zu sehr zu minimieren, während der Kurzarbeiter und kleine Selbstständige nur noch mit leeren Händen den Heimweg antreten darf, sei mal dahingestellt. Neue Deko muß her, der Herbst steht ja vor der Tür und die Herbstdekoration des Vorjahres wanderte nach Verfallsdatum in den Müll. Dann noch der neue Plasma Fernseher, schließlich darf man momentan nicht in die Sportstadien und ist gezwungen sich neue TV Geräte anzuschaffen um dem Treiben der Idole weiterhin folgen zu können. Um etwas für die Gesundheit zu unternehmen wird auch gleich noch das neue E-Bike ausgesucht, das wird mich fit halten und zudem kommt die benötigte Energie aus der Steckdose und belastet die Umwelt nicht. Perfekt.
Kurz nach beim Edel Restaurant versuchen einen Tisch zu reservieren. Nach langen und eindringlichen Diskussionen wird ein Menu zum Wunschtermin bestätigt. Hat man sich ja auch wirklich verdient, nach monatelangem Verzicht. Das Paar, welches deswegen von der Reservierungsliste in den Wartebereich verschoben wurde, kann es sicher verkraften und war wahrscheinlich auch bereits des Öfteren in diesem Lokal.
Sicherlich war es wunderschön, die unglaubliche Vielfalt der Heimat kennen zu lernen, die unzähligen Seenlandschaften, Burgen, Herrenhäuser, Berge und Küsten. Die unterschiedlichen Kulturen und Dialekte im Heimatland hätte man so nie erwartet. Trotzdem scrollen die Finger bereits wieder durch die diversen Urlaubsportale auf dem Smartphone, in der Hoffnung, das die Fluggesellschaften schon sehr bald wieder ihren Betrieb normalisieren können.
Beim nächsten Strandbesuch darf festgestellt werden, das sich selbst Wassertiere der aktuellen Situation bewusst zu sein scheinen und sich mit blau weißem Mund Nasen Schutz ihren Weg durch die Schwärme der neuartigen fünf Finger Latex Qualle bahnen. Am Strand schauen spielende Kinder dem Treiben im Wasser zu, immer in gebührendem Abstand und unter ihren Masken keuchend.
Wer immer die Reset Taste für diese neue Normalität gedrückt hatte, sollte es bitte nochmals versuchen und dieses Mal bitte vorher auf einwandfreie Funktionalität überprüfen.