Im Fluss - leben im Flow

 

Wasser. Das Element aus welchem alles erstand. Die chemische Verbindung aus Wasserstoff und Sauerstoff um die sich alles dreht. Ohne Wasser kein Leben. Mehr als die Hälfte des Körpers besteht aus ihm. Es transportiert Nährstoffe gewissenhaft  zu den Organen, hält das Blut im Fluss und schwemmt Giftstoffe aus. 

Wasser kann sanft sein, die Haut zärtlich streichelnd, sie mit einer transparenten Hülle umgebend, in Wohlbefinden eintauchen lassen.

Brutal kann es sein. Wälder, Ortschaften, ganze Landschaften vernichtend. Gnadenlos bahnt es sich seinen Weg. Eingesperrt, wird es die geringste Möglichkeit nutzen, zu entweichen, nur um erneut friedlich vor sich hin zu Fliessen, die einfachen Wege suchend. Still und weich schmiegt es sich an Kurvenwände, Flieh- und Gravitationskräfte nutzend, spielerisch leicht.   Wasser möchte nicht die schweren Wege gehen, klettern müssen. Warum auch? Ist zur Linken kein Weiterkommen möglich, läßt sich sicherlich mit einem Umweg geradeaus oder zur Rechten eine Möglichkeit finden, den Fluss zu erhalten. Ist der Weg doch einmal versperrt, wird auf Familie und Freunde gewartet, um mit gemeinsamer Kraft wieder einen Weg finden zu können, neue Pfade zu erschaffen, oder gar Schranken in einer Form zu öffnen, die etwas neues entstehen lässt, etwas das nicht weiter blockieren, sondern die Fliesseigenschaften positiv beeinflussen wird.

Wasser könnte so lehrreich sein, wenn man ihm nur zuhören würde.

Für die meisten ist Wasser einfach eines von vielen Elementen, eines welche den Körper reinigt, den Durst stillt, Essen erhitzt. Eine Flüssigkeit, welche die Farbe des Teebeutel Inhalts gerne annimmt, genauso wie die von aromatisch duftenden, braunen Kaffeebohnen. Auch in Tröpfchenform, aus dunklen Wolken fallend, die Flora nährend, wird es, wenn auch meist ungern, im Alltag wahrgenommen. 

Was wäre, wenn man die Verbindung aus einem Sauerstoff und zwei Wasserstoffmolekülen für einen Moment als Lehrmeister betrachten würde?

Welchen Effekt könnte es haben, einmal den bereits standardisierten Weg, auf welchem man sich eventuell bereits vor geraumer Zeit festgefahren hat, das Bekannte, die alltäglich wiederkehrende Routine zu verlassen? Einmal eine andere Richtung einschlagen. Einmal nicht nein zu sagen.

Mit größerer Leichtigkeit Probleme meistern, neue Ziele setzen und diese auch erreichen, den Stillstand für die Dauer zu genießen, die es benötigt, bis sich ein neuer Weg, eine Lücke, eine Tür, öffnet und das sanfte fließen weiter gehen kann.

Tatsächlich bedarf es nicht viel, dem Beispiel Wasser zu folgen. 

Ein kleiner Schritt in eine andere, neue Richtung reicht häufig bereits aus. Einmal den Schritt wagen, das zu tun, was man sich sein Leben lang vorgenommen hat. Nicht in naher Zukunft, nicht morgen, jetzt. 

Fließe. Nimm Barrieren wie sie sind. Sie werden da sein, immer und immer wieder. Jeweils in einer anderen Form. Sieh sie als Herausforderung und nicht als Endstation. Es wird einen Weg geben, den Fluß aufrecht zu erhalten. Die eine Lücke wird sich öffnen, ein lohnenswerter Umweg wird sichtbar werden, wenn man die Augen nicht verschließt.

Der Fußballspieler, welcher bei jeder misslungenen Aktion lautstark, gestikulierend , auf seine Mitspieler, Gegenspieler oder Schiedsrichter losgeht. Der Tennisspieler welcher bei vergebenen Bällen seinen Schläger auf den Boden schmettert um Sekunden später nur noch das übriggebliebene Fischernetz aufsammeln zu können. Der Kollege bei der Arbeit, welcher kurz davor steht den nagelneuen Rechner vom Tisch zu stoßen, weil das elektronische Postfach mal wieder überläuft und die Arbeit der vergangenen Tage noch nicht erledigt ist. Leute auf der Straße, die sich immens aufregen, Dauer nörgeln und Mitmenschen anraunen, weil das Wetter mal wieder nicht mit der Vorhersage übereinstimmt. Wer benötigt schon Regen?

Kein Regenbogen ohne Regen, sagt ein bereits fast klischeehaftes Sprichwort der Polynesier.

Und es beinhaltet so viel Wahrheit.

Nur wer es schafft sich den Begebenheiten anzupassen, sie als Vorteil zu sehen, zu analysieren und das Beste daraus zu machen, kann sein Leben, sein sportliches Dasein, sein alltägliches Gefühl, positiv gestalten, einen Fluß herstellen. Ärger und jegliche negative Energie hingegen füllen das Wasser in eine Flasche, verschließen und versiegeln diese. Der zerstörte Tennisschläger, das einhämmern auf sein Surfboard nach einem misslungenen Manöver oder einem verpatzten Wellenritt, kommen in Flaschenform.

Der unerfahrene Mountainbiker wird bei der kleinsten technisch anspruchsvolleren Abfahrt seinen Griff schließen, klammern, festhalten. Als Resultat werden die Arme steif, unbeweglich, dann folgt der restliche Körper. Der Fahrer mit etwas mehr Stunden und Erfahrung auf dem Rad hingegen wird den Griff lockern, die Anspannung in den Armen lösen und das Rad wird den Pfad selber finden, die locker aufgelegten Finger greifen nur unterstützend ein, die Räder drehen im Rhythmus, alles geschieht fließend, ohne harte Schläge, ohne Stürze.

Windsurfer an einem Spot, am gleichen Tag, erleben die Bedingungen auf unterschiedlichste Art und Weise. Die Wellen sind absolut chaotisch, der Wind kommt nur in Stößen, böig, da kann ja nichts gelingen, so der Eine. 

Unglaublich wie viele Rampen, wie viele Möglichkeiten abzuheben, neue Sprünge zu trainieren, die Böen helfen beim Beschleunigen und die Windlöcher, nicht zu viel Segeldruck in der Luft zu spüren, einfach super, so der Andere.

Die meisten Hindernisse, Unebenheiten, Probleme, kann man nicht vorhersehen. Man muss sie nehmen wie sie kommen und das Beste daraus machen. Daraus entsteht der Fluss, das fließende Leben, aus welchem nicht nur positive sondern auch eine enorme Energie entstehen kann und wird.

Wasser gibt Energie weiter, von Molekül zu Molekül, über weite Strecken, wie bei einer Welle, tausende Kilometer entfernt entstanden, die dann Erbarmungslos und ohne Rücksicht mit voller Wucht nieder kracht. 

Sei wie Wasser, bleibe im Flow, die resultierenden Kräfte sind unvergleichlich.